BjoernSunshine
Zürich: Bundesräte müssen keine Bussen zahlen
Seit Esther Maurer (SP), die wohl pingeligste Schulmeisterin Zürichs unsere Stadtpolizei führt, weiss jeder Zürcher: Polizisten kennen keine Gnade. Nun vergisst ausgerechnet Bundesrat und Verkehrsminister Moritz Leuenberger (ebenfalls SP) seine Parkuhr zu füttern, als - kein Wunder - einige Sekunden später schon ein Polizist neben seinem Auto steht. Und stellt euch vor: Der Polizist lächelt und steckt, statt dem Bundesrat eine Busse aufzubrummen, einen Fünfziger in die Parkuhr!
Ein Polizist als Freund und Helfer in Zürich? - Zuerst die Pressesensation des Tages und dann der grosse Aufruhr im Stadtparlament. Warum muss in Zürich jeder arme Sünder blechen, ein Bundesrat aber nicht? Und warum überhaupt fährt der Verkehrsminister, der Mann, der dauernd die Qualität des öffentlichen Verkehrs beschwört und Zürich statt einer leistungsfähigen Umfahrung sogar Road-Pricing (=Mobilität nur für die Reichen) aufdrücken will, überhaupt mit dem Auto zum Einkaufen in die Stadt? - Ein Skandal!
In einem Radiointerview reagierte Frau Maurer wie man es von Ihr gewohnt ist: Sie liess jeden Vorwurf der Ungerechtigkeit an sich abperlen: "Vielleicht war es ja gar kein Bundesrat sondern nur ein Regierungsrat..." - Auch letztes Jahr, als die Stadtpolizei alle schwulen Darkrooms schloss, betonte Frau Maurer äusserst schwulenfreundlich und ein entschiedener Gegner der Nulltoleranz zu sein. Bittere Lacher damals wie heute.
Der Skandal ist eigentlich lächerlich, seine Tragweite aber tragisch: Noch vor wenigen Jahren wäre es ganz normal gewesen, dass ein netter Polizist bei einem kleinen Vergehen eines netten Bürgers mal ein Auge zudrückt. Die Aufregung zeigt jedoch, wie Esther Maurers Politik, das Hauptgewicht der Polizeiarbeit auf die gnadenlose Verfolgung kleinster Bagatellvergehen zu legen, ankommt. Wo Tausende von Polizisten friedliche Kiffer jagen, Partyclubs belagern und hinter jeder Parkuhr lauern, kann ein geschenkter Fünfziger tatsächlich das Fass zum Überlaufen bringen.