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Antischwuler Apple-App-Store
(tagesanzeiger) Schwule nein, Hitler ja: Der iPhone- und iPad-Hersteller fährt im App Store eine eigentümlich Zensurpolitik.
Der Aufschrei war gross unter der weltweiten Schwulengemeinde, als Apple bekannt gab, künftig pro-homosexuelle Applikationen nicht mehr zu publizieren. Die explizite Warnung an die Entwickler: Das Wort «gay» («schwul») kann zur Ablehnung der iPhone- oder iPad-App führen.
Die Empörung verstärkte sich, als bekannt wurde, dass das Unternehmen mit schwulenfeindlichen Miniprogrammen offenbar keine Probleme hat: Eine App der Christenorganisation Manhatten Declaration, welche die gleichgeschlechtliche Liebe verurteilt, wurde von den Zensoren durchgewunken.
Späte Einsicht
Das Unternehmen, das selbst die kleinsten sexuellen Anzüglichkeiten zensiert, urteilte über die «Manhatten Declaration»-App sogar also Applikation «ohne zu beanstandenden Inhalte» und klassifizierte sie als App «ab vier Jahren». Erst am vergangenen Wochenende nahm der Konzern die schwulenfeindliche App, mit der auch Unterschriften gegen die Homo-Ehe gesammelt wurde, wieder aus dem App Store.
Natürlich: Apple muss Apps selektieren. Bislang wurden 300'000 Applikationen zugelassen und täglich werden es mehr. Um die Flut einzudämmen, hat das Unternehmen kürzlich bekannt gegeben, Apps abzulehnen, die nicht «sonderlich nützlich» sind. «Wir brauchen keine weiteren Furz-Apps», hiess es damals. Mit dieser Begründung verweigert der Konzern sogar Apps einzelner Radiosender.
Hitlerizer durchgewunken
Was allerdings an Hitler-Apps nützlich sein soll, muss der Konzern den Nutzern wohl noch erklären. Gibt man im Schweizer App Store diesen Begriff ein, listet der App Store nicht weniger als neun Applikation auf, darunter das Programm Hitlerizer, mit dem man den Portraitfotos eine Führerfrisur verpassen kann. In unguter Erinnerung ist schliesslich die Faschisten-App iMussolini, welche Apple durchgehen liess und erst später vom Entwickler selbst wieder entfernt wurde.
Welches sind die Richtlinien für die Zulassung einer App? Bei der Entscheidungsfindung für oder gegen die Zulassung von Apps gebe es «keine seitenweisen Regeln, die jedes Detail genau festlegen», so Apple-Sprecher Georg Albrecht gegenüber dem Nachrichtenportal news.at. Laut Albrecht gibt es Richtlinien für die Entwickler von Applikationen. Die genauen Regeln würden jedoch «einem Vertrauensverhältnis zwischen den Entwicklern und Apple unterliegen».
Quelle:
TagesAnzeiger 30.11.2010, Apples Sündenfall, Reto Knobel.
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