BjoernSunshine
Anti-FKK-Gesetz: Barcelona wird prüde
Seit dem Ende der Diktatur lieben die Spanier ihre Freiheitsrechte. Unter anderem auch das Recht auf Nudismus. Jedenfalls gab es im Spanischen Strafgesetz keinen Paragraphen mehr, der das Nacktsein im öffentlichen Raum verbietet, was Spanien zu einem Paradies für FKK-Freunde machte.
Tatsächlich durfte man in Barcelona ganz legal nicht nur nackt am Strand liegen sondern auch nackt durch die Stadt laufen. Die Stadtverwaltung und das Amt für Frauen und Bürgerrechte verteilten sogar bis vor kurzem noch Broschüren, die über das Recht auf freie Wahl der Bekleidung oder Nicht-Bekleidung informierten (www.addan.com). In Barcelona gab es jedes Jahr eine Ausgabe des "World-Naked-Bike-Ride", einer nackten Velotour quer durch die Stadt (www.ciclonudista.net), und auch am CSD waren nackte Gays nichts Ungewöhnliches.
Doch jetzt haben prüde Politiker dem nackten Spass ein Ende bereitet: Der Gemeinderat Barcelonas hat beschlossen, „Nacktheit auf öffentlichen Plätzen“ zu verbieten. Ab Mitte Mai soll die Verordnung in Kraft treten - von da an sollen Leute, die sich nur in Badebekleidung in die Stadt wagen, zwischen 120 und 300 Euro zahlen. Nackte ausserhalb des Strandbereichs müssen sogar mit Bussen zwischen 300 und 500 Euro rechnen. Zuerst wird nur verwarnt. Dann folgt eine Anzeige. Noch nicht klar ist, was noch als Badehose und was bereits als Shorts gilt, was ein Top und was ein Bikini ist, und ob Bauarbeiter künftig nicht mehr oben ohne arbeiten dürfen.
Verbände wie der Verein für die Verteidigung des Rechts auf Freikörperkultur („Asociación por la Defensa del Derecho a la Desnudez“) fühlen sich von diesem Verbot bedroht. Ihr Argument lautet, dass es einen Unterschied zwischen Freikörperkultur auf den Strassen und Sex in der Öffentlichkeit gibt. Der Verein wägt derzeit ab, ob er juristisch gegen die Verordnung vorgehen soll.
Kommentar:
Ich bedaure diese Entwicklung sehr. Nicht nur weil ich es verpasst habe, einmal nackt durch eine Stadt flanieren zu können. Wiedermal hat die Spiessbürgerlichkeit über die Toleranz gesiegt, und die persönliche Freiheit wird einem undefinierbaren Gefühl zwischen Neid und Missgunst geopfert. Statt Vielfalt und Lebensfreude nun also auch in Barcelona lieber vereinheitlichte Sitte und Ordnung. Auf keinen Fall darf jemand mehr Spass haben als ein anderer. Oder gibt es einen rationalen Grund für ein Anti-Bikini-Gesetz in einer Stadt am Strand? Ob jemand nun links von der Promenade im Sand oder rechts auf der Strasse steht? Wo ist der Unterschied? Touristen mit hässlichen Gesichtern bleiben hässlich, selbst wenn sie sich von nun an ein noch hässlicheres T-Shirt überziehen. Es gibt doch auch schöne Touristen, die man gerne nackt sieht. Solche Verbote nehmen uns nicht nur den Frust sondern auch die Freude. Warum muss man eigentlich Schwänze und Brustwarzen verbieten, Nasen jedoch nicht? Schliesslich gibt es extrem hässliche Hakennasen. Und wer beschützt mich vor dem Anblick angewachsener Ohrläppchen? Überhaupt sollten alle Menschen mit Haarausfall Hüte tragen müssen. Der Anblick von Halbglatzen könnte womöglich Kinder im Wachstum stören. Stecken wir doch gleich alle Menschen in Mülltüten! Oder stechen allen präventiv die Augen aus, dann muss sich garantiert niemand mehr über einen belästigenden Anblick beklagen.