pressetext
Olympia Sotschi: USA schicken Gays
(tagesschau.de) Die US-Regierung setzt ein Zeichen gegen das umstrittene Anti-Homosexuellen-Gesetz in Russland. Anstatt hochrangiger Politiker schickt US-Präsident Obama nun eine lesbische Tennis-Legende zur olympischen Eröffnungsfeier.
Von Silke Hasselmann, MDR-Hörfunkstudio Washington
Zur Eröffnung der Sommerspiele in London im vergangenen Jahr hatte US-Präsident Barack Obama seine Gattin an die Spitze der White-House-Delegation gestellt. Die First Lady ist ebenso wenig ein Kabinettsmitglied wie Janet Napolitano, die nun die Sotschi-Delegation zur Eröffnungsfeier im nächsten Jahr leiten wird. Dennoch erregt diese Entscheidung große Aufmerksamkeit, gehörten doch seit den Olympischen Sommerspielen in Sydney 2000 stets entweder der US-Präsident, die First Lady oder der Vize-Präsidenten zur offiziellen US-Delegation. Doch die werden am 7. Februar allesamt der Eröffnungszeremonie fernbleiben.
Auch Kabinett bleibt fern
Nicht einmal ein Washingtoner Kabinettsmitglied wird anreisen. Janet Napolitano leitete zwar das US-Ministerium für Heimatschutz von 2009 bis diesen September. Doch seitdem ist sie die Präsidentin des öffentlichen Universitätssystems des US-Bundesstaates Kalifornien.
Zugleich fällt eine zweite Besonderheit auf. Das Weiße Haus bat nämlich zwei prominente und offen homosexuelle Ex-Sportlerinnen, die USA bei offiziellen Feierlichkeiten in Sotschi zu vertreten. Tennis-Legende Billie Jean King wird zur Eröffnung fliegen, die Eishockeyspielerin Caitlin Cahow zur Abschlussfeier am 23. Februar. Cahow, die bei den beiden letzten Olympischen Winterspielen Medaillen gewonnen hatte und jetzt Abschlussprüfungen für ihr Jura-Studium ablegt, versteht ihre Berufung laut der USA Today "als ein unglaublich respektvollles Statement seitens des Weißen Hauses".
Amerikanische Menschenrechtsgruppen applaudierten Präsident Obama für seine Entscheidung. Lobbygruppen für die Schwule-, Lesben- und Transgender-Gemeinschaft erklärten, es sei "schwer, auf die Namensliste zu schauen und darin keine Botschaft an den russischen Präsident Wladimir Putin und gegen das Gesetz zu erkennen", das die Werbung für homosexuelle Verhaltensweisen vor Kindern und Jugendlichen verbietet.
US-Präsident Obama bleibt der Eröffnunszeremonie fern. Das Weiße Haus teilte dazu lediglich mit, der Terminplan des Präsidenten lasse seine Teilnahme nicht zu.
Petition gegen "Anti-Homosexuellen-Propaganda"
Auch die Amerikaner fragen sich, ob gleichgeschlechtliche Olympioniken verhaftet werden, die Hand in Hand durch Sotschi gehen oder mit der Regenbogenfahne zur Medaillenverleihung auflaufen. Im US-Kongress fanden sich vor einigen Monaten über 80 Abgeordnete, die eine Petition gegen dieses Gesetz unterzeichnet hatten.
Nun werden also weder der US-Präsident, der Vize-Präsident oder wenigstens ein Regierungsmitglied von Kabinettsrang Sotschi ihre Aufwartung machen. Damit scheint das Weiße Haus dem Vorbild von Bundespräsident Joachim Gauck und Frankreichs Präsident Francois Hollande zu folgen. Die hatten bereits erklärt, den Olympischen Winterspielen in der russischen Schwarzmeerregion fernbleiben zu wollen. Dennoch werden die USA bei den Zeremonien in Sotschi bestens präsentiert: von namhaften Spitzenathleten wie den fünffachen Eisschnellauf-Olympiasieger Bonnie Blair und Eric Heiden sowie dem Eiskunstlauf-Olympiasieger von 1988, Brian Boitano.