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Europride: Bis zu 100'000 haben gefeiert
(europride) Fantastische Stimmung am zweiten EuroPride-Tag
Je 50'000 Menschen an der Parade und am Strassenrand
Zürich, 6. Juni 2009, 19.15 Uhr – Bis gegen 100'000 Besucherinnen und Besucher haben in der Parade und am Strassenrand der EuroPride09 beigewohnt. Die Verantwortlichen korrigierten die am Nachmittag publizierte vorsichtige Schätzung von „über 50'000“ nach oben, nach dem die Begleitpersonen und das Sicherheitspersonal ihre Schätzungen präsentiert haben. Es dürften also knapp 50'000 Menschen an der Parade mitmarschiert sein, ebenso viele säumten am Samstag Nachmittag bei kurzzeitigem strahlendem Sonnenschein die Strassen. Stadtpräsidentin Corine Mauch eröffnete die Parade um 15 Uhr am Hafen Enge umringt von Dutzenden Fotografen und Kameraleuten und im beisein diverser National-, Stände- und Zürcher Kantonsrätinnen und -räten. Zusammen mit rund 50 Gruppierungen auf 25 Wagen erstreckte sich die Parade über 2,5 Kilometer entlang dem Mythen-Quai, General-Guisan-Quai, Bahnhofstrasse, Uraniabrücke, Limmatquai und über die Münsterbrücke, um schliesslich auf dem Münsterplatz zu enden. Während es am Vormittag anhaltend regnete, schien pünktlich zum Paradestart die Sonne. Um ca. 17 Uhr folgte ein heftiger Gewitterregen, tat aber der fantastischen Stimmung keinen Abbruch.
Zu Störaktionen kam es nicht. Die Parade verlief äusserst friedlich, nur vereinzelt verteilten Personen Flugblätter, auf denen Homosexualität kritisiert oder angegriffen wurde. Sie stiessen jedoch beim Publikum auf geringes Interesse. Während die meisten Schwulen und Lesben an der Parade mitliefen, war das Festgelände vom Münsterhof bis zum Bürkliplatz Anfang Nachmittag auch stark von heterosexuellen Passanten und Touristen besucht, die sich vergnügten und verpflegten.
Starke Worte der Stadtpräsidentin
„Die EuroPride 2009 hatte von Anfang das Ziel, nicht einfach ein schwullesbisches Festival für ganz Europa zu sein, sondern die ganze Bevölkerung, Menschen von überall her dazu einzuladen, mit uns unser Leben, unsere Errungenschaften und unser Anliegen zu teilen und zu feiern“, sagte Corine Mauch in ihrer Rede um 17.30 Uhr auf dem Münsterplatz. Man könne sich die Frage stellen, ob und warum es in Zürich noch eine EuroPride brauche. Immerhin habe die Zürcher Bevölkerung vor zwei Monaten eine offen in einer Frauenbeziehung lebende Stadtpräsidentin gewählt. Es gehe aber weiterhin um das Sichtbar-Machen, denn im Nicht-Erkennen und Nicht-Benennen liege ein grosses Ausgrenzungspotenzial. „Es soll heute einmal mehr der ungebrochene Wille demonstriert werden, unablässig für die Akzeptanz und Gleichberechtigung von Lesben, Schwulen, bi- und transsexuellen Menschen einzustehen, nicht zurückzustecken, dabei zu sein und unseren ureigensten Beitrag zum Zusammenleben in einer Gesellschaft zu leisten, in der alle so sein und leben können, wie sie sind.“
Osteuropa in Erinnerung rufen – und die Menschenrechte
Die Menschenrechtsaktivistin Mihaela Copot war während ihrer Rede sichtlich gerührt, vor einem so grossen Publikum sprechen zu können. Die Moldawierin setzt sich seit Jahren mit der Menschenrechtsorganisation Amnesty International für die Rechte von Schwulen und Lesben ein. An der EuroPride 2009 vertrat sie die osteuropäische LGBT-Gemeinschaft, deren Angehörige rechtlich und gesellschaftlich noch immer stark benachteiligt werden. Ihre Aussage „Unfortunately there are still countries in the world, where people like us are being subject of harassment, persecution, violence, arrests, punishments and detention, death penalty”, erinnerte daran, dass Lesben und Schwule auf einem Grossteil der Erde noch immer massiven Unterdrückungen und Verfolgungen ausgesetzt sind. Sie erzählte von einem Angriff auf eine Pride-Demo vergangenes Jahr in Moldawien, bei der Nazis und religiöse Gruppen 300 Demonstrantinnen und Demonstranten angegriffen hatten, während die Polizei untätig dabei zuschaute. Zudem rief Mihaela Copot die Bevölkerung von Westeuropa dazu auf, gemeinsam die Strassen von Bukarest, Riga, Moskau und anderen osteuropäischen Städten entlangzugehen und für die Menschenrechte zu kämpfen.
Daniel Cohn-Bendit, der kurzfristig als Redner absagen musste, schickte eine Videobotschaft in Deutsch, Französisch und Englisch über den Platz, in der er ebenfalls an die Menschenrechtsverletzungen an Schwulen, Lesben, Bi- und Transsexuellen erinnerte, vor allem auch im Nahem Osten. Er würdigte das Engagement der EuroPride-Teilnehmerinnen und Teilnehmer.
Zahlreiche internationale DJs und Künstlerinnen und Künstler sorgten auf drei Bühnen am Münsterplatz und am Bürkliplatz bis zum frühen Morgen für Unterhaltung, teils begleitet von längeren und kürzeren Platzregen. Die Organisatoren zeigten sich trotz des nicht ganz optimalen Wetters mit der EuroPride09 äusserst zufrieden und sprachen von der mit Abstand grössten Parade von und für Lesben, Schwule, Bi- und Transsexuelle, die die Schweiz je gesehen hat.
Morgen Sonntag wird die EuroPride 09 langsam ausklingen, mit einem Brunch und Konzert im Puls 5 und einem ökumenischen Gottesdienst im Fraumünster, zu dem sich auch hohe Vertreter der Landeskirchen angekündigt haben.