BjoernSunshine
Blutt im Kauz - Geburt einer neuen Gayparty-Serie
Ich hätte es schon fast nicht mehr für möglich gehalten, dass im zwinglianischen Zürich eine schwule Party stattfinden könnte, an der ein nackter Penis kein Sicherheitsproblem auslöst. Umso mehr war ich erstaunt, als ich am 12. November im Kauz, einem Kellerclub beim Carparkplatz nur 100 Meter vom Hauptbahnhof entfernt, diese völlig relaxte Gayparty entdeckte. Als ich den Laden betrat, sah ich zuerst mal nur Leute in Jeans und T-Shirt. Blutt (=Schweizerdeutsch für nackt) war niemand. Also gab auch ich erst mal nur Jacke und T-Shirt an der Garderobe ab, um ganz unauffällig (in Star Wars-Leggins) die Lage zu sondieren. DJ Piet Møbler legte Elektro-Lounge auf: Schöne, innovative Klänge, aber etwas zu langsam zum Tanzen und eher geeignet zum Rauchen. Als Nichtraucher bestellte ich mir deshalb ein Bier und schaute mir erst mal den neuen Club an.
Das KAUZ ist ein schöner, kleiner Kellerclub mit einer gemütlich warmen Atmosphäre. An der Decke hängen unzählige Lampenschirme, die die Tanzfläche in schummriges, rotes Licht tauchen. Neben der Tanzfläche gibt es mehrere Ecken mit gemütlichen Sofas, eine Bar, ein Fumoir und sogar eine versteckte Nische, die man wohl als Darkroom bezeichnen könnte. Kurz nach Mitternacht war der Club bereits gut gefüllt. Ich schätze mal 200 Nasen. Höchste Zeit um herauszufinden, ob der Name "Blutt" nur wieder so ein leerer Werbespruch oder diesmal wirklich ernst gemeint "nackt" bedeutet. Die Frau an der Garderobe kannte mich schon von früher und war deshalb eher erstaunt, dass ich meine Hose die erste Stunde lang anbehielt, als dass ich sie jetzt abgab.
Blutt und schwanzwedelnd kam ich kurz darauf zurück auf die Tanzfläche und tatsächlich - nur fröhliche Gesichter und null Problemo mit Personal und Security. Welch eine Wohltat für einen chronisch gestressten Zürcher Nudisten! Inzwischen hatte auch die Musik an Geschwindigkeit zugelegt und machte richtig Lust auf Tanzen. DJ Luigi di Venere vom Berliner Label Cocktail d'Amore legte (fürs minimalistische Berlin) ungewohnt melodiösen Vocal-Electro auf. Für harte Berghainer und Labyraner wohl etwas zu soft, aber mir gefiel die Mischung echt gut. Nach wenigen Minuten schon war ich nicht mehr der einzige blutte Mann im Club und ich genoss den Anblick der knackigen Hintern im Discolicht - ein wunderbares Dekor, das doch eigentlich auf keiner schwulen Tanzfläche fehlen sollte!
100% schwul war Blutt dann doch nicht. Einige Ladys im Personal und die Freundin des DJs erstaunten mit ihrer Schwanzlosigkeit zumindest die Gäste, die den Spruch "No Dick - No Entry" auf der Einladung noch von der konsequenten Männerparty "SHAFT" aus dem alten Aera kannten. Aber heute sind wir ja alle tolerant, wenn Damen unsere schwule Atmosphäre teilen, ohne uns heterosexuelle Regeln aufzuzwingen. "Mich störts nicht, wenn ihr hier Sex haben wollt", sagte denn auch DJ Piet's sympathische Freundin zu mir, als ich das Thema "Schwänze" anschnitt, aber so sexuell wie der Flyer vermuten liess, entwickelte sich die Party dann doch nicht.
Zumindest von einem der Veranstalter, einem DJ und einigen Gästen weiss ich, dass sie wie wir schon das Burning Man Festival erlebt und die Grundsätze einer liberalen, kreativen Gesellschaft verinnerlicht haben. Diese Freiheit und Akzeptanz spürt man an einem solchen Event und fühlt sich sogleich zuhause.
Das Echo der Gäste war durchwegs positiv und wir sind uns einig, die Geburt einer neuen, vielversprechenden Partyserie erlebt zu haben. Blutt im Kauz soll weiter gehen. Die nächsten Daten werden in Kürze bekanntgegeben.
Blutt im Kauz - Zeigen uns die Heten wie schwule Partys gehen?