BjoernSunshine
Das schwule Zürcher Partyszene ist tot
Seit dem Konkurs des Club Q, dem letzten Lokal, in dem gelegentlich noch schwule Partys mit Proggi-DJs stattfanden, ist die schwule Partyszene praktisch tot. Die letzten Partylabels Game, Inside und Magiq finden kein Lokal mehr und ausser der Black Party der Angels und der Silvesterparty von Flexx (beide House-Music) steht für 2018 nichts mehr in der schwulen Agenda.
Wer heute Techno oder Proggy/Psy hören will, muss an unerotische Hetenpartys gehen, wo die rigide Hausordnung nicht mal das Tanzen ohne T-Shirt erlaubt, oder nach Basel, in den Aargau oder gleich ins Ausland fahren.
Beschämend, wenn man sich besinnt, wie hammergeil die Zürcher Gaypartys vor 10 Jahren noch waren. Damals, als es noch kein Online-Dating gab, waren die Zürcher Gayclubs von Samstagabend bis Sonntagnachmittag knallvoll und so heiss, dass es von der Decke tropfte. Nackte Oberkörper so weit man sehen konnte, fantastische Stimmung und jede Menge Sex in der Luft. Labels wie das Laby konnten ganze Hallen füllen und die Gayszene galt als Vorreiter der Partykultur.
Wie konnte so eine wunderbare Szene nur untergehen?
Gründe gibt es mehrere. Den Anfang machte 2006 die Zürcher Polizei, die mit ihrem Sexverbot und zermürbenden Personenkontrollen viele Clubber und Touristen verscheuchte. Bis Jahre später Erotik an Partys gesetzlich wieder möglich war, hatten sich bereits viele daran gewöhnt, zu Hause zu feiern.
Kurz darauf starteten Grindr und Romeo durch und saugten die Hälfte der Gays aus der Szene ab, die mehr Interesse am Sex als am Tanzen hatten.
Auch das Verhältnis der Gays zum Kommerz drehte sich um 180°. Zu Zeiten von Laby und Area war Kommerz noch ein Schimpfwort. Heute läuft kein Anlass mehr ohne Sponsor und muss wohl deshalb noch viel prüder sein, als die Polizei es je verlangte.
Und dann kamen noch die steigenden Mieten hinzu, die so manch einen halbvollen Gayclub in den Ruin trieben. Das T&M wurde verkauft und in Luxuswohnungen umgebaut, das Laby wurde abgerissen und auch an den Standorten von Aera und Stairs stehen heute neue, teure Wohnblocks.
Letztendlich sind die Gays aber selber schuld. Hetenclubs wie z.B. Hive oder Klaus demonstrieren, dass man mit einer loyalen Szene auch in Zürich rentabel Partys organisieren kann. Aber wenn die Gays heute lieber nur privat daten und am Küchentisch Koks ziehen, statt zu tanzen, dann will verständlicherweise kaum noch einer schwule Events organisieren.
Die meisten Gays unter 30 können sich wohl gar nicht vorstellen, was sie verloren haben. Für sie waren Tanzpartys schon immer asexuell, während Erotik schon immer nur im Internet begann und in privaten Schlafzimmern endete.
Ich kann euch nur raten: Fliegt einmal nach Berlin und erlebt eine Nacht z.B. an einer Revolverparty im Kitty. Dann wisst ihr, wie es in Zürich war, als es noch Schwule gab, die über den Rand ihrer Handys hinausblicken konnten.
Wir Gays könnten noch immer etwas bewegen... Wenn wir nur wollten und es auch täten.