ZÜRIGAY SZENE

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06.02.2012

BjoernSunshine

Schwindende Gayszene: Ursache und Wirkung

Über Fehler soll man nicht jammern sondern aus ihnen lernen. Deshalb folgt hier eine sachliche Analyse zur Entwicklung der Zürcher Gayszene.

Situation vor 20 Jahren:
Schwule werden nicht mehr gejagt, aber "schwul" ist ein Schimpfwort. Männer, die Sex mit Männern wollen, treffen sich in Parks und Klappen. Es gibt nur wenige Gaybars und die meisten Gäste kommen über die Hintertür. In einer homophoben Welt in der man seine Gefühle nicht zeigen darf, sind die Gaybars kleine Oasen der Freiheit.

Situation vor 10 Jahren:
Die Gays sind rechtlich noch nicht viel weiter, aber wer in Zürich zur Szene gehört, weiss dass bei den Schwulen die besten Partys steigen. Die Gays sind die Trendsetter, und schwul zu sein ist schon fast ein Celebrity-Status. Die Gayclubs verbinden Musik und Erotik und zelebrieren eine freie, tolerante Welt jenseits gesellschaftlicher Tabus. Ecstasy ist für viele der Schlüssel, um die Hemmungen abzulegen und Offenheit, Nähe und Toleranz zuzulassen.

Situation heute:
Die gleichen Rechte sind weitgehend realisiert. Das Partnerschaftsgesetz wurde angenommen. Unter jungen Schweizern ist schwul, bi oder hetero kein Thema mehr und niemand mehr MUSS an eine schwule Party, um einen Gay zu treffen. Viele ehemalige Gayclubs in Zürich sind geschlossen, schwule Veranstalter haben aufgegeben. Junge Gays gehen zum Tanzen in Heteroclubs und nutzen für schnellen Sex das Internet. Andere feiern Privatpartys oder jetten vermehrt ins Ausland.


Faktoren der Veränderung:

Gesellschaftlicher Druck:
Wer vor 15 Jahren in Zürich seine schwulen Gefühle ausleben wollte, ohne homophobe Aggressionen zu fürchten, musste zwangsläufig in einen Gayclub gehen. Das brachte die Szene zusammen und schuf eine Gemeinschaft, die sich willentlich von der Gesellschaft abgrenzte. Heute sind junge Gays in normalen Clubs und im heterosexuellen Freundeskreis akzeptiert und fühlen nicht mehr den starken Drang aus der Gesellschaft auszubrechen. Deshalb kommt ihnen auch gar nicht in den Sinn, die Regeln der Gesellschaft zu hinterfragen und eine eigene Szene mit eigenen Regeln zu formen.

Big Label Marketing:
Vor 15 Jahren war in Zürich Mainstream verpönt und nur geil, was nach Underground roch. Man suchte die illegalen Partys und ging sicher nie an einen Event, der in der normalen Zeitung stand. Heute haben die Marketingstrategen aufgeholt. Die Jugend ist es gewohnt, umworben zu werden und fährt voll auf grosse Marken ab. Lokale Veranstalter können mit ihrem Werbebudget nicht mehr mithalten.

Drogen:
Die Technoszene brachte Ecstasy in die Underground-Clubs. Da die Partys sowieso schon illegal (ohne Patent) waren, lag auch der Schritt zu illegalen Substanzen nahe, schliesslich wollte niemand als Spiesser gelten. Die Stimmung war dank der Happypillen tolerant und friedlich. Auch Gäste die keine Drogen nahmen, schätzten die angenehme Atmosphäre. Vor ca. 7 Jahren nahm die Repression stark zu, die Qualität und Verfügbarkeit der Pillen nahm ab, und es wurde vermehrt Kokain und Alkohol konsumiert. Die massiven Jugend-Anti-Drogen-Kampagnen vernichteten das Image der Afterhour-Clubs, und wiederholte Polizeikontrollen vergraulten Stammgäste und Touristen. Wem der Stress mit der Polizei zuviel wird, der fliegt für Partys ins liberalere Ausland oder bestellt sich den Dealer nach Hause. Die Jungen haben ihre Lektion gelernt. Statt mit Ecstasy abzuheben, saufen sie sich gesellschaftskonform und legal mit Alkohol ins Koma. Abstinenz bleibt eine Illusion.

Wirtschaftsfaktoren:
Seit Zürich zur Stadt mit der höchsten Lebensqualität gewählt wurde, ziehen vermehrt Menschen in die Stadt, die kein lebendiges Stadtleben sondern Ruhe und Ordnung suchen. Alle Stadtteile werden herausgeputzt, die Mieten steigen, und eine einzige Lärmklage hat heute mehr Gewicht als 100 begeisterte Partygäste. Wo vor 10 Jahren noch Industriehallen leer standen, glänzen heute Luxuswohnungen. Mieten für nicht subventionierte Alternativkultur sind kaum mehr zahlbar, oder die behördlichen Auflagen so kompliziert und teuer, dass Partys auf maximalen Profit optimiert werden müssen und wenig Raum für kreative Experimente bleibt.

Internet:
Wer vor 15 Jahren schwulen Sex suchte, musste an einen schwulen Treffpunkt gehen. Nachdem fast alle Klappen, Parks und Autobahnraststätten "gesäubert" wurden, gab es für Sexkontakte nur Gaybars, Saunas und Gayclubs. So kamen viele Gays, auch solche, die keine grossen Tänzer waren, an Gaypartys und sorgten für die nötigen Besucherzahlen. Heute suchen sich diese Leute ihre Kontakte im Internet und bleiben der Szene fern.

Rauchverbote, Parkverbote und tiefere Promillegrenzen sind ebenfalls Gründe, lieber daheim zu bleiben. Für den harten Kern der wenigen Tanz- und Musikliebhaber allein lassen sich keine Clubs mehr finanzieren.


Die Summe all dieser Faktoren hat in Zürich die schwule Szene arg dezimiert. Wie die Zukunft in euren Städten aussieht, könnt ihr euch selbst ausmalen. Wir versuchen zumindest den Faktor Internet zu minimieren, indem wir euch auffordern, diese Community nicht als Ersatz der realen Welt sondern als Plattform zu nutzen, um die reale Szene zu fördern. Ihr habt es in der Hand.


Nachtrag 2012-2014:
In den letzten Jahren glaubten viele Gay-Veranstalter, ihre Anlässe dem heterosexuellen Mainstream anpassen zu müssen, um die schwindenden Gays mit Heterogästen zu ersetzen. Doch kastrierte Pseudogaypartys ohne nackte Jungs und ohne schwulen Sex funktionierten nur bei den ganz jungen Schwulen, die noch nie einen "richtigen" Gayclub erlebt hatten. Der Laby-Generation und den internationalen Gästen fehlte das Fleisch am Knochen, und viele von uns feiern heute lieber 3 Weekends privat und jedes vierte im Ausland, als sich in einem Zürcher Club von der Security bevormunden zu lassen.
Konkurrenz und wirtschaftliche Rahmenbedingungen sind härter geworden. Wir sind jedoch der Ansicht, dass gerade in der heutigen neo-prüden Zeit, eine konsequent homoerotische Party ein erfolgreiches Nischenprodukt darstellen kann. Es braucht jedoch seine Zeit, bis neue Ideen die Leute erreichen und diese ihre Gewohnheiten (Online-Dating, Privatpartys) ändern, und es braucht vor allem Kontinuität, bevor wieder schwule Touristen einen Städtetrip nach Zürich buchen.

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theGreenCrescent
 Zürich Tourismus hat eben das Potenzial des Schwulen-Tourismus entdeckt, und will dies nutzen. ABER die Polizei versucht ja seit Jahrzehnten, die entsprechende Szene zu unterbinden. In der Zeit des Strassenstrichs, zBsp im HB auf der Limmatseite, tauchten ja immer wieder solche "Herren" auf, so dass man umgehend auf "seriös" machte, denn man hätte ja tatsächlich kurzfristig eingelocht werden können. Diese Leute wären jetzt ja arbeitslos und werden daher gezielt auf die Schwulenszene losgelsassen. Schwule, Bis, Stricher und Ausländer sind ja schliesslich das traditionelle Feindbild eines "bodenständigen richtigen" Tschuggers.12 years ago
BjoernSunshine
 Genau das sag ich ja: Zürich war wirklich eine Weltstadt in der London-Paris-Liga. Und vom sexuellen Standpunkt aus betrachtet, gab es auch 2010 noch einige geile Partys. 2011 jedoch nur noch an privaten Locations, über die der Presse Stillschweigen auferlegt wurde.

Das Problem bleibt das Tabuthema Partydrogen. Ich will hier keineswegs verharmlosen oder befürworten, aber auch wenn man selbst keine Drogen konsumiert, erlebt man in den "bösen" Drogenclubs die schöneren Partys als in den "guten" Clubs wo alle entweder verklemmt oder besoffen sind. Leider sind Partyclubs mit toller Stimmung ohne Drogen eine Illusion. Ich habe schon hundert Leute reden hören, sie könnten auch ohne Drogen feiern, aber solche, die tatsächlich komplett nüchtern voll Stimmung machen können, kann ich an einer Hand abzählen.

Sobald sich Partygäste vom Staatsapparat beobachtet und bevormundet fühlen, macht das die Stimmung kaputt. Da kann Zürich Tourismus noch lange die Businessreisenden mit rosa Krawatten zählen und von einer hippen Gaydestination reden. Ohne eine lebendige Undergroundszene ist alles nur Fassade.12 years ago
theGreenCrescent
 Nun, ich glaube Du verlangst etas zuviel von der hiesigen Kleinstadt. Berlin spielt da eben doch (wieder) in der London-Paris-Liga. Mal ganz abgesehen davon dass wir in Zürich ja eigentlich auch schon weiter waren. Vor dem Beginn der allgemeinen Prüderiewelle und des seit rund zwei Jahrzehnten grassierenden Neo-Konservatismus.

Immerhin haben die Zürcher eine lesbische Stadt-Präsidentin gewählt, und so zumindest in einer Disziplin mit Berlin und Paris gleichgezogen !12 years ago
BjoernSunshine
 Für alle Gays, die nichts anderes wollen, als vielleicht mal an einem Mainstream-Event ein T-Shirt tragen, dass gerade nicht dem aktuellen Modediktat entspricht, ist die Welt tatsächlich in Ordnung.

Die meisten Menschen sind mit Mainstream zufrieden. Drum heisst er ja auch Mainstream. = Mehrheitsgeschmack.

Fehlen tut einem die "richtige" Szene nur, wenn man sie selbst mal erlebt hat, und wenn man Progressive Trance und schweissglänzende, halbnackte Tänzer mag. Wer dabei war, als es im Laby noch so heiss abging, dass es von der Decke tropfte, und die Partys jeweils bis in den späten Sonntag-Nachmittag dauerten, der empfindet die heutigen Events, wo keiner mehr das T-Shirt auszieht und alle um 3 nach Hause gehen, halt nur noch als Kindergarten. Problemfrei, aber gähnend langweilig - jedenfalls für unseren Partygeschmack.

Muss ich als Schwuler schon dankbar sein, wenn ich an einer Heteroparty mit einem glänzenden T-Shirt geduldet werde? Sowas sollte selbstverständlich sein! In Berlin kannst du dich in einem hier nicht näher genannten Megaclub nackt auf eine Bassbox legen und ficken lassen, ohne dass sich jemand dran stört. Das finde ich wirklich liberal.

12 years ago
theGreenCrescent
 Auch wenn die Polizei Parks etc "säubern" und "sauber" halten will, so ist doch eine liberalere Einstellung der meisten und vor allem der jüngeren Heteros unbestreitbar. Und dies hat natürlich dazu geführt dass Schwule heutzutage ganz problemfrei an "Mainstream" Anlässe gehen können, Und wenn anwesende Heteros das merken ist das halt kein Problem mehr. Allenfalls betrachtet einer Glanz-TShirt und Halskette und findet dann lachend "ganz schön schwul hä" und wenn man dann mit "aber sicher ..." quittiert, ist die Welt in Ordnung.12 years ago

 

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