ÜBER ZÜRICH UND UNS

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Von ZÜRICH (Switzerland)...

 

...bis gaYmeBoys (international)

 

1999

 

Alle haben Schiss vor dem Milleniumbug. Doch wir feiern im besten Club der Welt unsere geilste Party. Der Club heisst Labyrinth und gehört zum Zürcher Untergrund, denn 1999 gibt es nur ganz wenige legale Clubs in der Stadt. Aber wer will schon legal feiern, wenn an den illegalen schwulen Locations die beste Stimmung herrscht und die Partys niemals enden wollen.

Vor ein paar Wochen wollte ich noch Mister Gay werden und die Welt verändern. Aber gewonnen hat dann doch einer, der nach der Preisverleihung nie mehr in der Szene gesehen wurde. Also beschliesse ich, dem schwulen Zürich eine Webseite zu programmieren, auf der die Gays der ganzen Welt sehen können, wie schön es ist, in Zürich schwul (und verliebt!) zu sein.

 

Eigentlich wollte ich nur eine nette Homepage machen, um meinen Freunden unsere Partybilder zu zeigen. Doch dann wurde eine internationale Community daraus...

Der Name ZÜRIGAY kommt von ZÜRICH und GAY - der Gaymetropole der Schweiz. Die Seite (programmiert im revolutionären Macromedia Flash) geht online und meine Freunde sind so begeistert, dass sie mich anfeuern, mehr daraus zu machen.

 

2001

 

Die Gayszene Zürich wird immer besser und von München bis Milano kommen die Gays jeden Samstag zu uns, um mit uns Party zu feiern. Irgendwann erhalten die Undergroundclubs auch ihre Bewilligung und die Polizeistunde wird aufgehoben. Zürich wird zur Partystadt. Die Street Parade wird zur schönsten Party der Welt, und wir sind jedes Jahr auf einem farbenprächtigen Gaymobil mit dabei.

 

Aus der kleinen Webseite entsteht bald ein Online-Magazin mit News, Agenda, Guide und Bildergalerien von vielen schwulen Events. Meine Partyreportagen im Backflash sind geliebt und auch etwas gefürchtet, denn im Gegensatz zu all den Gaymagazinen, die nur das drucken, was ihnen die Veranstalter vorgeben, verschweige ich nie, wenn mal ein Anlass in die Hose ging. Konstruktive Kritik soll es sein: Ehrlich aber fair.

 

2004

 

Die Gay Community der Schweiz rüstet sich für den Abstimmungskampf, denn im Juni 2005 soll das Schweizer Volk über das Partnerschaftsgesetz abstimmen, das eine eingetragene homosexuelle Partnerschaft ermöglicht. Es gilt nun, den Schweizern die Schwulenszene im besten Licht zu zeigen. "Schwule sind ganz normale Menschen wie du und ich", heisst die Devise. Graue Mäuse sollten wir sein und keine schrillen queeren Gestalten, damit sich der Durchschnittswähler mit uns identifizieren kann.

 

Der GaYmeCHAT rückt ZÜRIGAY in die dritte Dimension: eine virtuelle schwule Welt aus mehreren Räumen, die man mit seinem Avatar durchstreifen und dabei mit realen Jungs chatten und spielen kann. Meine Idee war, nicht nur einen Chat an eine Webseite zu hängen, sondern den gesamten Inhalt des Portals in einer einzigartigen, spielerischen Umgebung einzubetten. Leider sind dem Projekt jedoch Grenzen gesetzt, da Suchmaschinen wie Google keine Flashinhalte lesen können und deshalb konventionelle Seiten bevorzugen.

 

2005

 

Das Partnerschaftsgesetz wird vom Schweizer Volk mit 58% Mehrheit angenommen. Wir haben gesiegt, doch mussten wir dafür auch viel Farbe lassen und unsere Szene auch für diejenigen öffnen, die im "erotischen Tanzpalast" nur Sodom und Gomorrah erkennen.

Unter Regie der neuen Polizeivorsteherin Esther Maurer (SP) werden Razzien in mehreren Zürcher (Gay-)Clubs durchgeführt, denn man hat vernommen, dass es dort Sex und Drogen gäbe. Zuerst wird die Spider-Galaxy dicht gemacht. Das neue Zürcher Modewort heisst "Nulltoleranz".

 

ZÜRIGAY wird zur Online-Community, in der sich jeder User in seinem eigenen Profil präsentieren kann. Unter seinem Profilnamen kann man nun auch Beiträge im Forum schreiben, Bilder hochladen und Kontaktanzeigen aufgeben. Die Benutzerregistrierung ermöglicht die Zugangskontrolle für klassifizerte Inhalte, wie sie für den strengen Schweizer Jugendschutz gefordert ist. Über Freundschaften kann man Profile verlinken und bei anderen seine Spuren hinterlassen.

 

2007

 

Ende 2006 folgt eine Razzia im Gay Club Labyrinth. Im März 2007 im Labitzke und kurz darauf im Zukunft und im Hive. Schwuler Sex an schwulen Partys und Darkrooms sind nun plötzlich verboten. Der Fall der Wildsau-Bar, wo die Polizei zwei Männer beim Ficken erwischt, kommt vor Gericht.

 

Bei ZÜRIGAY eröffnen wir für die immer vielfältigere Gayszene Clubs, wo sich Gleichgesinnte treffen und unter sich sein konnten. Die Clubs werden von Mitgliedern geführt, und jeder Club hat sein eigenes Forum, eigene Bildergalerien, Umfragen, Linklisten usw.

 

2009

 

Endlich entscheidet das Zürcher Obergericht, dass ein Gayclub kein Tea-Room ist. Sex an schwulen Partys ist also wieder erlaubt. Bis Ende 2010 veranstalten Partylabels wie Shaft, Selection, Testosteron und Flexx noch viele tolle Gaypartys. Doch die Repression der Stadtpolizei gegen Partyclubs hält an, und immer wieder müssen friedliche Clubbesucher schikanöse Kontrollen über sich ergehen lassen, bis nach und nach die schwulen Touristen weg und die Zürcher Gays lieber zu Hause blieben.

 

Meine Partyberichte werden immer seltener, denn langsam beschleicht uns das Gefühl, dass die neue Ruhe-und-Ordnung-Gesellschaft freudestrahlende Gesichter nur noch missverstehen kann.

 

2011

 

Die Zürcher Partyszene geht immer mehr den Bach runter. Der Lotusclub (Ex-Laby) wird abgerissen. Die Szene löst sich auf. Die einen fliegen nun regelmässig zum Feiern nach Berlin, Brüssel, London oder Barcelona, die anderen gehen an erotikfreie Heteropartys, wo Mann brav sein T-Shirt anbehält und sich dafür mit Bier und Schnaps ins gesellschaftskonforme Koma säuft.

 

ZÜRIGAY bekommt einen neuen Look mit einem schnellen, personenbezogenen Chatsystem, das alle Kontakte auf einen Blick und die Gespräche übersichtlich in Sprechblasen zeigt, so dass niemand mehr den Faden verliert. Eine weitere wichtige Neuerung ist die Community-Seite, wo man alle Aktivitäten seiner Freunde sieht, wer an welche Party geht, wer neue Bilder hochgeladen oder neue Beiträge geschrieben hat.

 

2012

 

Nach einem letzten Aufruf an alle Veranstalter, uns ihre Termine zu verkünden, sehe ich den Tatsachen ins Auge. Eine schwule Partyszene mit nur noch 3 Events pro Jahr rechtfertigt kein schwules Online-Magazin mehr.

 

Am 21.1.2012 ändert ZÜRIGAY.ch den Namen in gaYmeBoys.com: Die Community mit über 5800 Usern aus 86 Ländern erhält neu gestaltete Userprofile und internationale Google-Karten. Aus Gay-News werden Blogs für viele Autoren und spannende Themen aus allen schwulen Ländern.

 

2015

 

Wir Gays haben gleiche Rechte gefordert und nun haben wir das Recht erhalten, gleich zu sein. Gleich langweilig wie alle andern. Und wir heissen jetzt LGBTIQAXY#$?, damit jeder merkt, wie zerstritten wir sind. Unsere öffentlichen Partys sind von Erotik befreit, am Zurich Pride-Umzug haben die Grossbanken die musikalische Leitung übernommen und ihre emotionslosen Tänzer tragen weisse Poloshirts. Dem Durchschnittsschwulen, der den ganzen Tag sein Grindr vors Gesicht hält, geht das am Arsch vorbei. So habe auch ich mein schwules Zürich aufgegeben und mich neuen Ufern im Wilden Westen zugewandt. Mein neuer Stern heisst Black Rock City und ich bin stolz ein Burner zu sein.

 

So wie die Erotik aus unseren Clubs verschwindet, verschwinden alle anderen Themen aus dem schwulen Web. Gesellschaftliches und Politik will kaum noch jemand diskutieren. Die Gays wollen nur noch eins: Ficken! Eigentlich müsste ich alle Rubriken löschen, Guide und Agenda entfernen und aus gaYmeBoys eine reine Datingmaschine machen: minimalistisch und idiotensicher. Aber noch habe ich nicht ganz aufgegeben. Wenn du soweit gelesen hast, bist du vielleicht der Typ, der das Zeug zum schwulen Redaktor hat. Melde dich an und mach mit bei uns!

BjoernSunshine

 


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